Orpheus und Euridice in Russland
Май-июнь 2010, журнал "Toccata-Alte Musik aktuell", Германия, Регенсбург
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Wie bereits weiter angedeutet, hat das Ensemble Pratum Integrum noch einmal zugeschlagen. Und dafür sprang das Orchester beherzt in die Wiener Klassik und zu Yevstigney Fomin (1761-1800), dessen "Orfeo ed Euridice" man zusammen mit The Horn Orchestra of Russia bei Caro Mitis eingespielt hat. Das Libretto stammt von Yakov Knyazhin (1740-1791). den Orfeo spricht Alexey Ivashchenko, die Euridice Maria Shorstova und die Bässe werden durch Nikolay Alifanov, Artem Volkov, Vitaly Zhdanov, Daniil Kuchma, Mikhail Kopchenkov, Stanislav Maysky, Maksim Popov und Nikolay Khondzinsky gesungen.
Als sich die Regentschaft der Zarin Katharina II. ihrem Ende zuneigte, wurde dieses Melodram in Sankt Petersburg (1792) und später in Moskau aufgeführt. Dieses Ereignis, die Aufführung in Moskau datierte vom 5. Februar 1795, sollte in Russland noch lange nachwirken und auch heute noch verfehlt das Werk auf das Publikum nicht, berichtet Jewgeni Lewaschow im Booklett. Während man in Westeuropa schon lange der Oper frönte, fand dieses Genre erst unter Zar Peter dem Großen Eingang
in die russische Gesellschaft, also etwa hundert Jahre später als in Westeuropa, und das auch sehr langsam. 1702 kam eine semiprofessionelle Schauspieltruppe unter Johann Kunst nach Moskau und gab Theater- und Musiktheatervorstellungen in deutscher Sprache in einem eigens dafür errichteten Komödienhaus auf dem Roten Platz. Ende der 1770er und Anfang der 1780er Jahre brachte der russische Dichter und Dramatiker Yakov Knyazhin dann den Orpheus-Mythos am Petersburger Theater als musikalisch-poetisches Schauspiel mit Opernorchester, Männerchor und Balletttruppe auf die Bühne. Der polyglotte Schriftsteller, Alexander Puschkin nennt ihn später in einem Atemzug mit den größten russischen Dramaturgen, war praktisch mit allen Schriftstellern und Komponisten Sankt Petersburgs bekannt und es war ihm absolut klar, dass die Kompositionskunst Russlands seiner Zeit noch nicht das Niveau erreicht hatte, um den tragischen Stoff gebührend umzusetzen. Also wandte er sich für die Umsetzung dem Melodram zu und kombinierte Schauspiel mit Musik, Deklamation mit Sinfonik.
Zum Erfolg seines Stückes trug entscheidend auch der Umstand bei, dass sich zu jener Zeit der Blick auf die griechische Mythologie wandelte, vor allem während der Französischen Revolution und des darauf folgenden Terrors. Selbst Haydn hatte 1791 ein Werk komponiert, in dessen Finale Orpheus einen Giftbecher leert. Knyazhin selbst erlebte den Erfolg seiner Oper nicht mehr, er fiel in Ungnade, da Katharina II. panische Angst vor dem Terror der Französischen Revolution und möglichen Volksaufständen in Russland hatte. Knyazhin, der Freigeist, wurde verhört, mit welchen Mitteln auch immer. Diese moralische und physische Demütigung verwand der Dramatiker nicht und verstarb am 14.01.1791 in seinem Haus.
Auch auf diesem Gebiet, nämlich der Wiener Klassik, kann das Pratum Integrum Orchester absolut überzeugen. Zwar erschließt sich dem Nichtrussen nicht unbedingt das Werk aus der Deklamation, dafür aber wird er reich durch das spannende und packende Musizieren entschädigt.
Robert Strobl
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