Der böhmische Meuterer! "Bohemian Mutineer" ist die neueste CD mit dem russischen Orchester Pratum Integrum betitelt: Bohmischer Meuterer. Gemeint ist Antonio Rosetti (c 1750-1792), ein Zeitgenosse Mozarts, der vielleicht im Jahr 1750 als Anton Rosler oder Roßler im nordbohmischen Leitmeritz geboren und zunachst bei den Jesuiten erzogen wurde, um Geistlicher zu werden. In den 1770er Jahren nennen ihn Quellen als „Compositore della Musica bey dem Russisch Orlowschen Regiment", schreibt Gunther Grunsteudel im Textbuchlein der CD. Im Herbst 1773 wird er Kontrabassist in der Hofkapelle des Grafen, ab 1774 gefursteten, Kraft Ernst zu Oettingen-Wallerstein. Im Marz 1776 schuf Rosetti innerhalb weniger Tage ein Requiem fur des Fursten Eheweib Marie Therese von Thurn und Taxis (1757-1776), welches in der Folgezeit eine enorme Popularitat errang und schließlich sogar zu Mozarts Trauerfeier am 14.12.1791 in Prag erklang. 1781 durfte Rosetti nach Paris reisen, was seinem. Renommee sowohl daheim als auch in der Fremde ausgesprochen bekam. Bis in die fruhen 1790er Jahre waren Rosettis Werke fester Bestandteil bedeutender Konzertreihen in Paris und London. 1785 ernannte ihn Furst Kraft Ernst zum Kapellmeister, doch Ende Juli 1789 verließ Rosetti den Fursten zugunsten einer Anstellung als Kapellmeister am Hof Herzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg-Schwerin (1756-1837) in Ludwigslust, da gab es eben mehr Geld. Und Geldsorgen plagten Rosetti immer. Hochgestellte Musikliebhaber, wie Furstbischof Klemens Wenzeslaus von Mainz oder Konig Friedrich Wilhelm II. von Preußen beauftragten Rosetti mit Kompositionen. 1792 wurde auf Befehl des Preußenkonigs zwei Werke Rosettis aufgefuhrt, der Komponist kam eigens nach Berlin. Doch war er schon todkrank und Rosettis Freund Boßler bemerkte, dass wenn der Meister nicht bald in arztliche Behandlung kame, er „wie unser guter Mozart unsere niedere Regionen bald verlassen wird". Er behielt recht. Antonio Rosetti starb am 30.6.1792 in Ludwigslust an „Entkraftung". Zwei Symphonien und zwei Concerti haben Pratum Integrum nun bei Caro Mitis aufgenommen: Die Symphonien D-Dur (Murray A21) und g-moll (Murray A42) sowie das Concerto fur Horn und Orchester d-moll (Murray C38) und das Concerto fur Violine und Orchester d-moll (Murray C9), außer der gmoll Symphonie alles Welt-Ersteinspielungen. Solisten sind Dmitry Sinkovsky (Violine) und Helen MacDougall (Horn). Nun ist das Pratum Integrum Orchestra ja keine unbekannte Große mehr. Die letzten Einspielungen waren allesamt allererste Sahne und fuhrten logischerweise zur Einladung nach Regensburg, wo sie am Pfingstsonntag 4. Juni 2006 um 20.00 Uhr Werke von Bach, Telemann und Muffat zum Besten geben werden. In der Wiener Klassik sind sie jedenfalls auch sehr gut bewandert. Dies beweist die neue CD und die ausgezeichnete Leistung der Ausfuhrenden. Besonders erwahnen mochte ich jedoch die beiden Solisten. Dmitry Sinkovsky entlockt seiner originalen Violine von J.B. Schweizer (Deutschland, 1. Halfte 19. Jh.) wunderbare Klange und agiert sensibel und mit Herzblut. Helen MacDougall setzt noch eins drauf: Solch ein gut geblasenes Horn hort man wirklich selten! Robert Strobl
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